Rechtsanwalt, Spezialist, Experte – oder was nun eigentlich?

Gepostet von am Dienstag, 7 Juli, 2015 in Anwaltsmarketing | 2 Kommentare

Ein Rechtsanwalt sollte sich bekanntlich nicht selbst „Spezialist“ oder „Experte“ für seine Rechtsgebiete nennen. Außer vielleicht, er hat viele Veröffentlichungen zum Thema, eine Dozentur, einen  Posten in der einschlägigen DAV-Arbeitsgemeinschaft und natürlich lange, lange Falllisten vorzuweisen. Andernfalls droht wettbewerbsrechtlicher Ärger. Selbst ein Fachanwaltstitel bietet keinen sicheren Schutz.

Mit dem dringlichen Anliegen, die Allgemeinheit vor dem unverdienten anwaltlichen Expertentitel zu schützen, haben die Gerichte sich in der Vergangenheit schon häufiger befasst –  2004 selbst das BVerfG  (28.07.2004 – 1 BvR 159/04 ). Jetzt war vor kurzem das OLG Frankfurt (30.04.2015 – 6 U 3/14) dran.  Es ging um eine angestellte Rechtsanwältin (mit bestandener Fachanwaltsprüfung, aber noch ohne Titel) und ihre Kanzlei, auf deren Website Dinge standen wie  „… ist Frau Rechtsanwältin X vorwiegend auf das Arbeits- und Wirtschaftsrecht sowie auf das Familienrecht spezialisiert“ oder „Unsere Rechtsanwälte für Arbeitsrecht sind auf das Arbeitsrecht spezialisiert“. Der Begriff „Spezialisierung“ wurde auch noch in anderen Formulierungen bemüht.

Prompt gab es  gleich zwei Abmahnungen, beide versandt durch dieselbe Kanzlei, die zwei (zufällig auch noch miteinander befreundete) Anwälte in dieser Sache vertrat. Die Frankfurter Richter entschieden in dieser Sache dann gleich mehrere Dinge :

  •  „Spezialisierter Rechtsanwalt für Arbeitsrecht“ ohne Fachanwaltstitel ist nicht okay.
  • Sonstige Spezialisierung-Claims auf der Website können okay sein, aber nur, wenn die Besucher sie nicht so verstehen, dass Kenntnisse auf  Fachanwaltsniveau vorliegen, sondern nur als Hinweis auf Tätigkeitsschwerpunkte.
  • Die Mehrfachverfolgung ist okay.
  • Dass angestellte Anwälte für die wettbewerbswidrige Aussagen über sie auf der Arbeitgeberwebsite haften, ist nicht okay.

Was lernen wir daraus für unsere Kanzlei-Websites und unser Anwaltsmarketing?  Begriffe wie „Experte“ oder „Spezialist“ lässt man besser weg. Sie sind auch gar nicht nötig. Man kann das, was zu sagen ist, auch anders ausdrücken:

Wie wäre es damit, dass Ihnen „beim Arbeitsrecht niemand etwas vormacht“? „Anwalt für Arbeitsrecht“ können Sie sich auf jeden Fall nennen. Ist das allzu zurückhaltend? Dann sagen Sie doch, dass  Sie  „echte Kompetenz im Arbeitsrecht“ bieten oder sich im Arbeitsrecht „genau auskennen“. 

Oder Sie bezeichnen sich auch als „Profi für Arbeitsrecht“. (Falls jemand meint, das wäre schon zu nah am „Spezialisten“lässt sich bestimmt aus dem Kontext heraus belegen, dass Sie sich auf Ihren Status als Volljurist mit Berufserfahrung auf eben diesem Rechtsgebiet beziehen und gar nicht behaupten, zu einer entsprechenden Spitzengruppe der im Arbeitsrecht tätigen Anwälte zu gehören“, wie das OLG Frankfurt es ausdrückte.)

Wir finden auch für Sie eine Formulierung, die Ihre Kompetenz ausdrückt, ohne abmahnfähig zu sein. Wetten?

2 Kommentare

  1. Ich danke Ihnen dafür. Ich denke, es ist auch wichtig, dass man sich den richtigen Anwalt aussucht. Wir zum Beispiel sind auf der Suche nach einem, sind uns aber nicht ganz sicher, was der erste Schritt wäre. Es ist gut zu wissen, dass es manchmal schwierig sein kann, die Titel herauszufinden.

  2. Wenn Anwälte zu viel Zeit haben…

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